Josef Leibl kam ganz am Anfang des 20.
Jahrhunderts zur Welt, in einem kleinem Dorf am Ufer der Donau, im äußersten Süden
von Österreich-Ungarn, unweit von Serbien, wo hauptsächlich Donauschwaben
lebten, dazu noch eine kleinere Zahl von Ungarn und Serben. Als sie ihn
blutverschmiert, mit geraunter Haut, eingehüllt in ein vorgewärmtes Laken, auf
den Arm seiner Mutter gelegt hatten, die von einer fast dreitägigen Entbindung ganz
erschöpft war, stieß er seinen ersten, schmerzerfüllten Schrei aus, als ob er
gewusst hätte, dass sein Leben, das gerade erst begonnen hatte, mühsam und
voller Beschwerlichkeiten sein wird.
Das jüngste Kind wurde mit Ungeduld
erwartet, denn seine Eltern hatten schon drei Töchter und die Geburt des Sohnes
erfüllte sie mit Erleichterung. Töchter wachsen auf, heiraten und verlassen das
Elternhaus, aber ein Sohn bleibt, damit er sich um das Besitztum und die Eltern
kümmert, die mit jedem Tag älter werden.
Die Familie Leibl war fleißig und
arbeitsam. Der Vater Stefan sagte immer, dass sie nicht reich, aber auch nicht
arm seien. Sieben bis acht Joch landwirtschaftlichen Bodens, ein Haus aus Lehmziegeln
mit einem großen Vorhof, wo Maria, die Mutter, gleich nach der Heirat Obstbäume
gepflanzt hatte, war mit Steinplatten bedeckt, sauber und ordentlich, dahinter
war der zweite, wirtschaftliche Teil des Hofs mit Hühner- und Schweineställen,
und ein großer Garten... Das war genug, damit die Familie ein angenehmes Leben
führen konnte, denn wenn man Land hatte, wo man sein eigenes Getreide und Korn
erntete, einen Garten voller Gemüse, welches in musterhaften, gradlinigen
Reihen gepflanzt war, einen vollen Schweine- und Hühnerstall, dann konnte kein
Hunger herrschen und es durfte ihn nicht geben.
Alle haben gearbeitet – der Vater
bearbeitete das Land und kümmerte sich um das Vieh, vom ersten Morgengrauen bis
zur vollständigen Finsternis, die Mutter kümmerte sich um den Garten und die
Hühner, während die Mädchen - wie sie heranwuchsen – einen immer größeren
Beitrag zur Erledigung der Hausarbeiten leisteten. Ihre Aufgabe war, das Haus
sauber zu halten, und der kleine Sohn begann schon mit knapp sechs Jahren dem
Vater zu helfen; beim Ein- und Ausspannen der Pferde, der Reinigung der
Schweineställe, er brachte den Tieren Futter und Wasser, und ging dann mit dem Vater
auf das Feld.
Nur im Winter, als die Abende lang waren
und im Ofen das Holz knisterte, das der Vater im Sommer allein neben einem
Donauärmel gesammelt hatte, gab es Zeit für Gespräche, Singen, Stricken und
Handarbeiten, für welche es üblich war, dass schon kleine Mädchen darin
einbezogen werden, sobald sie eine Nadel in ihrer Hand halten konnten - und von
klein auf wurde ihnen beigebracht, dass sie den Textilienanteil ihrer Mitgift
allein fertigen müssen.
Josefs Kindheit war glücklich und ruhig.
Nachdem er sonntags aus der Kirche nach Hause kam, spielte er mit den anderen
Kindern, die in seiner Straße lebten, während die Mutter Suppe, weiße Sauce, panierte
Hühnerschnitzel und einen pflichtmäßigen Kirschkuchen zubereitete. Im Sommer
ging er angeln; die Angel war von Hand aus einem langen Zweig gefertigt, der
ursprünglich zum Anbinden von Bohnen benutzt wurde, und an einer dünnen Schnur
war der Angelhaken angebunden. Niemand war glücklicher als er, als er mit
goldenen Karauschen nach Hause kam, die an einen Draht gebunden waren. Die
Fische musste er selbst säubern und danach hat sie die Mutter in einer
schwarzen Gusspfanne gebraten.
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Es kam das Jahr 1916. Josef erfuhr aus den
Gesprächen der Erwachsenen, dass etwas vor sich ging, dass ein Krieg im Gange
war, doch weder kümmerte ihn das besonders noch hatte er Zeit dafür. Wie er
heranwuchs und kräftiger wurde, arbeitete er mittlerweile gleichermaßen wie der
Vater, alle Schwestern hatten geheiratet, so dass er jetzt der jüngste im Hause
war. Und er musste gehorchen.
Als eines Tages ein Brief kam, der ein
amtliches Aussehen hatte, konnte er nicht wissen, worum es sich handelte. Erst
das Weinen der Mutter und das trübselige Schweigen des Vaters ermutigten ihn zu
fragen, was los sei. Dann erfuhr er, dass Papa in den Krieg ziehen musste - er
wurde einberufen und es war nicht möglich dies abzulehnen. Im Bahnhof des
naheliegenden Städtchens sah er viele Väter seiner Freunde aus dem Dorf, die
schon in Uniform waren und Rucksäcke trugen, in welche ihre weinenden Frauen
ein Stück Speck und einen Brotlaib eingepackt hatten. Als ihn der Vater zum
Abschied umarmte und ihm sagte, dass er jetzt schon ein großer Junge sei und
dass er ihm die Aufgabe gäbe, für die Mutter und den Hof zu sorgen, verspürte
er in sich das bleischwere Gefühl, dass alles endlich ist und dass er den Vater
zum letzten Mal sieht.
Es vergingen nicht einmal drei Monate, als
sie ein Telegramm mit einem schwarzen Band erhielten – Stefan Leibl ist
gefallen, irgendwo an der Russlandfront ist er umgekommen, man weiß sogar
nicht, wo seine Knochen liegen. Dann hat er zum ersten Mal laut geweint, nachdem
er sich hinter der Maiskammer versteckt hatte, damit er es seiner ganz
verlorenen Mutter nicht noch schwerer macht.
Maria konnte den Tod ihres Mannes niemals
hinnehmen, noch weniger schaffte sie es, ihre Trauer zu überwinden. Kurze Zeit
später wurde sie kränklich, in wenigen Tagen alterte sie um 30 Jahre, ihr Haar ergraute,
ihr Rücken krümmte sich... Ihre Augen leuchteten nur dann auf, wenn sie ihren
kräftigen, fleißigen und gehorsamen Sohn betrachtete.
Nachdem Josef das 18. Lebensjahr vollendet
hatte, lernte er in der Apotheke, als er für die immer schwächere und
kränklichere Mutter Medikamente holen ging, Therese kennen, die Tochter des
Apothekers. Sie war drei Jahre älter als er, ihre Schulung in einem Wiener Pensionat
musste sie wegen dem Krieg abbrechen. Josef verliebte sich in sie, so stark und
mächtig, wie es nur in Jugendjahren geschehen kann, die von Leidenschaft
erfüllt sind. Therese erwiderte seine Gefühle und bald darauf heirateten sie,
trotz des heftigen Widerstands ihrer Eltern, denn sie war eine
Apothekertochter, noch dazu wurde sie zu einer Dame erzogen und sie musste
jemanden heiraten, der ihresgleichen war, und nicht irgendeinen wortkargen,
armen Bauern. Da sie schon volljährig war, konnten sie es ihr aber nicht
verbieten, und sie erhielt lediglich eine kleine Mitgift, nur soviel, dass man
nicht sagen konnte, dass das Mädchen ihr Elternhaus mit leeren Händen verlassen
hatte.
Josef hat das nicht gestört. Er war der
glücklichste Mensch auf der ganzen Welt, als seine junge Frau ihrer
Schwiegermutter deren letzte Erdentage erleichtert hat, denn die große Grippe
im Jahre 1918 hat sie das Leben gekostet. Mit einem Seufzer streichelte sie die
Hand des Sohnes und der Schwiegertochter, drehte sich zur Wand und entglitt in
die Unendlichkeit, um sich zu ihrem gefallenen Mann zu gesellen, mit dem sie
ihr Leben verbracht und die Kinder groß gezogen hatte.
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Wenn der Tag mit schwerer Bauernarbeit
ausgefüllt ist, bleibt keine Zeit, um zu trauern. Therese, die aus ihrem
vorherigen Leben nur die Liebe zur Musik mitgenommen hatte, und jeden Sonntag
auf dem Klavier aus ihrer Mädchenzeit spielte, übernahm schnell und geschickt
alle Arbeiten ihrer verstorbenen Schwiegermutter. Und nach kurzer Zeit wurde
sie schwanger.
Einer nach dem anderen kamen zwei Jungen
zur Welt - Stefan (wie sein Großvater) und Joachim. Danach wurden noch zwei Mädchen
geboren. Therese war sich schon sicher, dass es mit dem Kinderkriegen fertig
ist, aber dann kam noch das fünfte Kind, Ulrich.
Jetzt musste Josef für sechs Familienmitglieder
sorgen und er hat dem, dass er jetzt in einem neuen Staat lebte, nicht viel
Bedeutung beigemessen. Dieser trug den Namen Jugoslawien und im Haus hatte nun
das Bild des Königs statt jenes des Kaisers zu stehen. Macht ist Macht,
sinnierte er, jede sollte man respektieren, die Steuern rechtzeitig zahlen, das
Land bearbeiten und sich um das Vieh kümmern. Das Wichtigste ist, dass es
Therese und den Kindern gut geht, alles andere wird dann schon in Ordnung sein,
redete er oft sich selbst gut zu, wenn er um vier Uhr morgens aus dem warmen
Bett aufstand, denn die Arbeit konnte nicht warten.
Die Familie machte Fortschritte, man
kaufte noch etwas Land neben dem väterlichen Besitz, welcher dadurch vermindert
wurde, dass man etwas davon Josefs Schwestern als Mitgift gegeben hatte. Dann
die erste Kuh, kurz danach noch eine, so dass genügend Milch übrig blieb, um
Käse und Rahm für den Verkauf herzustellen; denn ein Bauer braucht jeden zusätzlichen
Groschen, um alles in das Haus zu investieren.
Arbeitend und sparend, arbeitend und
sparend, haben Josef und Therese ein kleines Sparguthaben angesammelt. Das hat jahrelang
gedauert und sie beschlossen, ein etwas besseres Haus zu bauen, mit mehr Platz
für sie beide und ihre fünf Kinder. Ein Teil nach dem anderen wurde das alte
Haus abgerissen, während man Baumaterial kaufte, und die Leibls mussten
letztendlich auf nur ein wenig Platz im Hause einer von Josefs Schwestern Unterbringung
suchen, bevor das neue Haus drei Monate später fertig war. Es war aus Lehmziegeln,
aber groß, mit einem Zimmer an der Straßenseite, einem langen Gang mit einem
Mosaik aus gelb-rötlichen Keramikfließen, aus dem man in die Küche und die Zimmer
gelangte, wo die Kinder schliefen. Über dem ganzen Haus war ein Dachboden,
größtenteils wurde er zur Lagerung von gedroschenem Getreide genutzt, und an
dessen Ende war der Teil, wo der Mais entkörnt wurde, daran lehnte sich die
Strohkammer an, welche mit der Maiskammer verbunden war.
Eine Mauer, die mit Tannenholz getäfelt
war, trennte den vorderen vom hinteren Teil des Hofs und diente als Schutz vor
dem Geruch des Viehs. Der Vorderhof war mit Ziegelsteinen bepflastert,
ordentlich und sauber wie die Apotheke von Thereses Eltern, mit vielen Blumen, Pelargonien,
roten Fliedern und Jasmin, und an der Mauer zur Straße hin war eine Vielzahl
von wilden Hibiskusen, während die Sonnenstrahlen spärlich durch die schon
großgewachsenen Obstbäume hindurchschienen, von denen jeder ausgiebig Früchte
gab. Durch ein gesondertes Tor gelangte man in den sogenannten wirtschaftlichen
Hof, wo viele Hühner umherliefen, und dahinter waren der Stall für Pferde und
Kühe und die Schweineställe, morgens und abends konnte man das durstige Vieh
hören, von diesem Teil des Hofs ging es weiter in den Garten mit unzähligen
Reihen von gepflanztem Gemüse, der dank Thereses fleißigen Händen überaus ertragreich
war. Das war auch den Kindern zu verdanken, denn sie wussten, dass sie der
Mutter helfen mussten; die Jungen halfen weniger, da sie für die landwirtschaftlichen
Arbeiten noch zu klein waren, und die Mädchen nahmen an der Arbeit teil,
nachdem sie die Zimmer aufgeräumt hatten. Dieser Garten ernährte die ganze
Familie und etwas blieb auch für den Verkauf auf dem Markt übrig.
Als das Haus endlich fertig war, wurde es
hellgelb gestrichen, mit einem dunkelbraunen, breiten Sockel, vor dem Eingangstor
für Fußgänger befanden sich ein paar Stufen, das große Einfahrttor war aus
massivem, dunkelbraun gefärbtem Holz, auch an der Mauer aus Ziegelsteinen gab
es einen dunkel gestrichenen Sockel. Der stolze Hausherr Josef fertigte eine
Tafel in derselben hellgelben Farbe wie das Haus und brachte sie am
Dachbodenteil der Fassade an. Diese hatte die Aufschrift:
JOSEF
LEIBL 1938
Somit hat er die Pflicht eines jeden Mannes
erfüllt, dass er ein Haus baut, in dem seine Frau und die Kinder, die er mit
ihr hatte, gemütlich leben werden, und dieses Haus wird für immer das Zeugnis
dafür sein, dass JOSEF LEIBL ein redlicher, fleißiger Mensch und ein guter
Hausherr war.
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Glück ist jedoch eine relative und
flüchtige Angelegenheit. Und niemals dauert es lange.
Für manche Menschen ist Glück ein Kästchen
voller Goldmünzen, jener mit dem Antlitz von Kaiser Franz Joseph, diese konnten
mehrtägige Vergnügungen in Pest und Wien ermöglichen, mit Bächen von Champagner
und vielen schönen Frauen, seidenen Kleidern, Pariser Hüten und funkelndem
Diamantenschmuck.
Für andere, wie es Josef und seine Freunde
waren, war Glück ein Haushalt, wo nichts fehlen durfte, zehn Joch
landwirtschaftlichen Bodens, welcher die Familie ernähren konnte, dass von den
Erträgen auch etwas übrigblieb, gesundes Vieh und Schweine in den Ställen,
hunderte von Hühnern, die im Gras pickten und jeden Abend frische Eier gaben,
an denen noch ein bisschen Blutspuren klebten, der Dachboden voll von Würsten
und Schinken, die von den eigenen Schweinen stammten, auf dem Tisch jeden Abend
warme, frisch gemolkene Milch und Käse von ihren drei Kühen, auch Schnaps, den Josef
vom eigenen Obst brannte.... Und an erster Stelle und am wichtigsten war die
fleißige, bescheidene und treue Ehefrau, die eine noch bessere Mutter war,
brave und gehorsame Kinder, von denen Uli, der jüngste, ein bisschen aus der
Reihe tanzte. Er verbrachte die Zeit immer irgendwo am Donauärmel, wo er
angelte und Perlen für seine Mutter suchte. Er war so anhänglich und lieb, dass
weder der Vater noch die Mutter im Stande waren, ihn zu tadeln.
Josef Leibl erachtete sich selbst als sehr
glücklichen Menschen.
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Fast unmerklich pirschte sich das Jahr
1941 heran.
Noch während des Winters begannen
Jugendliche durch das Dorf zu marschieren und hauptsächlich gehörten sie dem
Lumpenproletariat an, denn unter diesen Jugendlichen waren keine Kinder aus
redlichen Häusern. Sie trugen grüne Uniformen, bald darauf wurde der Verein
„Kulturbund“ gegründet, und auf einmal begann man die Wörter FÜHRER und LEBENSRAUM
zu benutzen, neben der pflichtmäßigen Hymne DEUTSCHLAND ÜBER ALLES.
Er schenkte diesem keine große
Aufmerksamkeit, nur manchmal zuckte er mit den Schultern und stellte sich die
Frage, wie denn diese Leute die Zeit finden, um sich mit solchen Unsinnigkeiten
zu beschäftigen, während sich er und die anderen Mitglieder seines Haushalts immer
die Frage stellen mussten, welcher Arbeit man sich zuerst widmen sollte.
Die Jungen wuchsen heran, mit ihrem Vater
arbeiteten sie ebenbürtig und mit derselben Kraft, so wie er es einst neben
seinem Vater gemacht hatte, die Mädchen heirateten in gute Häuser und es gab
auch schon Andeutungen, dass man bald Enkelkinder haben würde. Therese freute
sich, fertigte Stickereien auf Babywesten und strickte Käppchen und Babyschuhe.
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Am Anfang war es kaum bemerkbar, später wurde
es aber immer unabdingbarer, und Josef begriff, dass sich das Leben
verkomplizierte, dass die glückliche Zeit ihr Ende nahm. So viel er sich auch
bemühte, dass nur sein Haus, seine Familie, seine Arbeit die eigenen Gedanken
ausfüllen, so konnte er doch nicht gleichgültig gegenüber den unangenehmen
Veränderungen in seiner Umgebung bleiben.
Die Menschen wandelten sich; die Mehrheit
von ihnen zog sich in sich selbst zurück, die Höfe verließen sie nur, um auf
ihre Felder zu gehen, während eine kleinere Zahl von Lumpenproletariern begann,
in Uniformen Streifzüge durch die Straßen zu machen... Man begann verschiedene Listen
zu fertigen, vom Eigentum der Einwohner, Personenlisten, vor allem von jungen
Männern, niemand durfte ohne einen AUSWEIS hinausgehen, und dann bekamen alle
im Dorf den Befehl zur Zwangsabgabe von Getreide, Mais, Vieh... Dafür bekam man
Anleihescheine, die Menschen wussten jedoch nicht, was sie mit ihnen machen
sollten.
Dann begann man, den Angriff auf die
Sowjetunion zu feiern.
Von Furcht erfüllt begriff er, dass es
nicht gut sein wird, dass dies nicht anders enden konnte als in einer
Katastrophe.
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Der Herbst deutete sich erst an, als ein
Bote zwei amtliche Briefe brachte – Einberufungen zum Wehrdienst, an die zwei
älteren Söhne Stefan und Joachim gerichtet, mit der eindeutigen und in Großbuchstaben
geschriebenen Androhung der Zwangszuführung. Therese begann zu weinen und Josef
durchfuhr zum zweiten Mal im Leben ein scharfer Schmerz im Brustkorb. Plötzlich
sah er vor Augen den Zug, der vor langer Zeit seinen Vater weggebracht hatte,
wonach er ihn nie mehr gesehen hat.
Seine Jungen verließen das Dorf. Während
sich Josef bemühte, seine verzweifelte Therese zu trösten, verbarg er gleichzeitig
vor ihr die eigene fröstelnde Angst. Es kamen selten Briefe von den Söhnen, und
jene, die sie bekamen, enthielten mehr zensierte, durchgestrichene Zeilen als
die lesbaren, in denen stand, dass sich die Eltern keine Sorgen machen sollen. Später
kamen keine Briefe mehr, das von Ungewissheit erfüllte Warten raubte beiden
vollständig den Schlaf.
Eines Tages vor Weihnachten – niemals
zuvor hatte man ein Weihnachtsfest mit weniger Freude erwartet – klopfte ein
junger, kaum erwachsener Bursche in Uniform an der Tür, übergab ihnen ein
Telegramm mit schwarzem Band und rannte sofort weg.
Josef wusste gleich, was das zu bedeuten
hatte. Mit steifen Fingern, die nicht gehorchen wollten, zerriss er den Umschlag,
die schwarzen Buchstaben flimmerten vor seinen tränenerfüllten Augen, er las
den sachlich-kühlen bürokratischen Text, der ihnen mitteilte, dass Stefan und
Joachim für das REICH gefallen sind.
Seine Sinne waren ganz benebelt, dunkler
als die Nacht, um ihn herum war eine Menge von Menschen, deren Namen er sich
nicht erinnern konnte, obwohl sie zusammen aufgewachsen waren, Therese war wie irre
vor Schmerz und Leid, ein scharfes Stechen durchfuhr den Brustkorb.... all das
wechselte sich mit großer Schnelligkeit ab, aber er war dessen überhaupt nicht
bewusst. Er strauchelte bei der Erledigung der alltäglichen Arbeiten, aber
jemand musste noch Kraft in sich haben. Man hatte keine Leichname, die man
hätte beerdigen können, denn man wusste nicht, wo sie geblieben sind; es gab
kein Grab, an dem man weinen konnte, auch kein Bild auf dem Grabstein, dass man
wenigstens dort die Gesichter der Söhne sehen kann. Das Haus, das mit so viel
Stolz und Glücksgefühlen erbaut wurde, war jetzt von Stille erfüllt. Das Jahr 1941
neigte sich dem Ende zu.
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Er konnte sich kaum an die nächsten drei
Jahre erinnern, die in einer Art finsterer Betäubtheit verronnen sind. Er
bearbeitete die Felder, kümmerte sich um das Vieh, von dem eins nach dem
anderen zu sterben begann, im Garten pflanzte er lediglich ein bisschen Gemüse,
nur damit sie etwas zu essen haben. Therese war am Boden zerstört. Sie saß nur
irgendwo in der Ecke, oft neben dem feuerlosen Ofen, mit Scheiben von rohen
Kartoffeln, die sie an ihre Stirn gebunden hatte. Er begann zu rauchen, zuerst
zehn Zigaretten pro Tag, um schließlich ständig eine Zigarette zwischen den Fingern
zu halten, mit der Glut einer zu Ende gerauchten zündete er sogleich eine neue
Zigarette an. Die Tage und Nächte verbrachte er damit, dass er ziel- und endlos
durch den leer gewordenen Hof wandelte, damit er seine Frau nicht vor Augen
hatte, die außer sich war, mit trockenen Augen, in denen kein Glanz mehr war.
Die meiste Zeit starrte sie bewegungslos auf einen Punkt. Er erinnerte sich an
die Worte seiner verstorbenen Mutter, die sie gemurmelt hatte, dass der Himmel hoch
sei, und der Boden hart. Erst jetzt begriff er, was sie damit gemeint hatte.
Er verstand jetzt, dass der Schmerz seine
Farbe hatte – ein schimmerndes Weiß, welches gelegentlich von Schatten durchbrochen
wurde. Und im blutenden Herzen breitete sich eisige Kälte aus, welche die Seele
fesselte.
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Still und anscheinend langsam brach das
Jahr 1945 an.
Nur etwas Weniges baute er auf seinen paar
Feldern an, auch dazu musste er sich zwingen. So war es auch mit den anderen
Arbeiten, denn niemand fragte ihn, ob er konnte und ob er noch Kraft in sich
hatte. In diesem willenlosen Zustand hörte er dann, dass DEUTSCHLAND ÜBER ALLES
den Krieg verliert. Dass das Ende gekommen sei. Diese Nachricht bedeutete ihm
nichts. Seine Welt hat an jenem Dezembertag aufgehört zu existieren, als sie
das Telegramm mit dem schwarzen Band bekommen hatten.
Die Obstbäume waren noch in Blüte, als die
neuen Machthabenden kamen, mit einer Kollone von Soldaten mit ernsten Mienen.
Schon einen Tag danach, am Rande der Schotterstraße gleich am Anfang des
Dorfes, wurde die alte Tafel mit dem Dorfnamen abgenommen und man brachte eine
neue an, mit einem roten Stern und den ungeschickt geschriebenen Buchstaben -
BAČKO NOVO SELO.
Die Zeit, die bis zu diesem Moment gefühlt
still gestanden hatte, brach in Gallop aus, wie ein junger Hengst, den man lange im Stall
gehalten hatte.
Es vergingen nur einige Tage, nicht mal
eine Woche, als Josef Leibl den MÜNDLICHEN BEFEHL bekam, dass er als Mitglied
der deutschen faschistischen Besatzungsmacht verpflichtet ist, das HAUS mit
allen seinen Bewohnern innerhalb von 24 STUNDEN ZU VERLASSEN und es den
BEFREIERN zu übergeben. Von den Sachen dürfen sie nur drei Stück Bettzeug und
etwas Nahrungsmittel mitnehmen, und alles andere - ALLE Wertsachen, die
Haushaltssachen, Kleidung, Nahrungsmittelvorräte, Vieh und Hühner, Pflüge und
andere landwirtschaftliche Geräte, natürlich auch der landwirtschaftliche Boden
- BLEIBT ZURÜCK. Weiterhin wurde angeordnet, dass er sich mit den wenigen
Habseligkeiten am Versammlungsort melden soll, VON WO MAN IHN IN DIE NEUE
WOHNSTÄTTE BRINGEN WIRD. An der Strafe für das Nichtbefolgen dieses Befehls
konnte kein Zweifel aufkommen.
Eine große Zahl von Männern und Frauen
wurde auf einen Fußballplatz unter freiem Himmel gebracht, von den jüngsten bis
zu den ältesten, von denen manche sogar nicht auf ihren Beinen gehen konnten,
schwarz im Gesicht und außer sich vor Verzweiflung. Unter den Erwachsenen
weinte eine Frau, neben ihr noch Hunderte von kleinen Kindern. Drei Tage
verharrten sie dort, zusammengequetscht, während es ständig regnete, als ob
sich der Himmel geöffnet hätte - die Menschen hatten keinerlei Unterschlupf.
Aus den Häusern, die sie bis vor Kurzem noch ihr Eigen nennen konnten, hörte
man das Wiehern von Pferden, das Quieken von hungrigen und durstigen Schweinen,
das Muhen von Kühen, die nicht gemolken wurden. Die Erwachsenen erkannten die
Hilferufe von ihren Tieren, die kein Futter und Wasser hatten. Sie versuchten,
mit den Wächtern zu sprechen, die noch junge Burschen ohne richtigen Bartwuchs
waren, aber jeder Versuch war erfolglos! Die bloße Andeutung, dass sie zu
jemandem von den Wächtern etwas sagen wollten, hatte zur Folge, dass ein Gewehr
auf sie gerichtet wurde.
Man trieb sie alle in Militär-LKW-s und
brachte sie ein LAGER, irgendwo im Srem. Dieses war von Stacheldraht umzäunt,
zuerst waren sie unter freiem Himmel, später in einer notdürftigen Unterkunft
in Form von Holzbaracken, die sie selbst bauen mussten. Dort mussten sie ganze
zwei Jahre verbringen, nur ab zu bekamen sie etwas zu essen, und auch dann nur
sehr wenig, Wasser gab es selten und nur in kleinen Mengen. Brennholz hatten
sie keins, sie durften auch keine Äste und Zweige abschneiden, mit denen sie
wenigstens ein bisschen Wärme hätten schaffen können. So sehr sie sich auch bemühten,
ihre Körperhygiene zu bewahren, war es doch unvermeidbar, dass sie nach einer
kurzen Zeit alle voll von Läusen, Flöhen und Wanzen waren. Nach einer kurzen
Zeit brachen Epidemien aus.
Thereses Lebensfeuer erlosch schon einen
Monat nach der Ankunft im LAGER. Ohne Tränen oder einen Seufzer fasste sie sich
an die Brust, umklammerte fest mit ihren dünnen Fingern die Bilder ihrer toten Kinder,
röchelte nur kurz und ihr lebloser Kopf fiel auf Josefs Schulter. Die Bilder
der zwei Söhne, so jung und schön wie zwei frisch gepflückte Äpfel, fielen auf
das schlammige Gras...
Zuerst brach der Scharlach aus, dem bald drei
von Josefs Enkelkindern und die älteste Tochter Maria zum Opfer fielen... Als
nächstes kamen Typhusfieber und Dysenterie, an der meistens Kinder und alte
Menschen starben. Medikamente gab es überhaupt nicht. Die Zahl der Toten wurde
immer größer und es war schon schwer, sie zu zählen. Man beerdigte sie
schweigend auf einem kleinen Feld und bemühte sich, die Gräber, die man nur
anhand der Erdhaufen als solche erkennen konnte, mit improvisierten Kreuzen zu
kennzeichnen, die man aus dem Material fertigte, das ihnen zur Verfügung stand.
Ständig gab es endlose Verhöre, die immer
abends begannen... Oft waren Schüsse zu hören, welche die Nachtstille
unheilvoll durchbrachen.
Die anfängliche Zahl der Lagerinsassen war
dezimiert und im LAGER verbrachten sie ganze zwei Jahre. Danach wurden die
wenigen Überlebenden in Viehwaggons verstaut und mit Zügen nach Deutschland
geschickt. Von allen Mitgliedern der Familie LEIBL waren nur Josef und seine
Tochter Sabine, die auch verwitwet war, und ihr schon großgewachsener jüngster
Sohn ULI, der dünn wie ein kleiner Baum war, ein Teil dieser Gruppe, die ganz
ausgemerzt und in Lumpen war.
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Das Haus der Familie Leibl „bekam“ im
Rahmen der Kolonisierung mein
Großvater Božo Milošević, der mit meiner Großmutter
Anka und ihren fünf Kindern auf diesem Gebiet angesiedelt wurde.
In diesem Haus hauste niemals das Glück!
Wirklich NIEMALS!
Der Großvater und die Großmutter trennten
sich bald, kirchensprachlich ausgedrückt trennten sie Tisch und Bett. Die
Großmutter konnte seine Selbstsucht nicht mehr dulden, auch dass er ein
Frauenjäger war, weswegen er mancherlei Krankheiten nach Hause brachte, noch
dazu prügelte er sie manchmal blutig, er war auch geizig und hatte einen üblen
Charakter. Als Mitglied des sogenannten Volksbefreiungskriegs (er musste sich
seit dem Jahre 1942 in Wohnhöhlen im Srem herumquälen, wo sie „nichts zu essen
hatten außer Speck und Wein”), bekam er eine gute Arbeitsstelle, vergüngstigte
Versorgungskarten, die er nur für sich in Anspruch nahm. Er tat so, als ob die
anderen Kinder, außer Branko, dem jüngsten, dem Vater meiner Cousine Snežana,
nicht existieren würden. Nur für Branko gab es Brot, Speck, manchmal Wurst, und
gelegentlich bekam er sogar eine Schokolade... Und die anderen? Die Großmutter
ernährte sie nur mit Mühe, denn der Großvater gab ihr von seinem für diese Zeit
sehr guten Lohn keinen einzigen Groschen. Sie arbeitete vom Morgengrauen bis
zur Finsternis auf dem Feld und im Garten, fütterte die Hühner und Schweine,
ging als Tagelöhnerin arbeiten, und nachts wusch sie die Wäsche, strickte,
nähte und flickte mit der Hand die Kleidung der Familie.
Als die Kinder herangewachsen sind und das
Elternhaus verließen, besuchten sie oft ihre Mutter, immer nervös und schlecht
gelaunt, ständig in Konflikt miteinander. Geschrei, Streit, Uneinigkeit,
Vorwürfe, wer wieviel arbeitet und welchen Beitrag er leistet - all das war
auch über den Zaun zu hören und die Nachbarn wussten, dass es „Streit geben
wird, denn die Familie Milošević hat sich versammelt”.
Als die Enkelkinder zu Besuch kamen, die
mehrheitlich hier, neben der Großmutter, aufgewachsen sind, war es ein bisschen
besser. Wir mochten uns und vertrugen uns ziemlich gut, wir waren alle um
unsere Großmutter versammelt, wie die Küken um die Henne. In der Finsternis,
welche das Haus und die schlafenden Obstbäume umhüllte, war ihre Liebe,
Zärtlichkeit und Hingabe für uns wie eine Kerze in der dunkelsten Nacht. Wir
hatten eine schöne Kindheit, was ausschließlich ihr zu verdanken war. Sie war
arm wie eine Kirchenmaus, aber sie gab uns auch die letzte Scheibe Brot, sie
liebte uns, pflegte uns, wenn wir eine Lungenentzündung, Bronchitis oder hohes
Fieber unbekannter Ursache hatten, sie war die Versöhnerin bei unseren
Streitereien und stellte eine Autorität für uns dar, die nicht in Frage
gestellt werden konnte.
Meine Mutter starb, als sie kaum das 24.
Lebensjahr vollendete... Es starben noch einige andere Familienangehörige. Alle
hatten problematische Ehen, waren immer unzufrieden, niemals einheitlich und dessen
nicht bewusst, dass dasselbe Blut durch ihre Venen floss. Sobald jemand von den
Kindern und Enkelkindern erwachsen wurde und das Elternhaus verließ, begann
sein Kampf um die bloße Existenz, er bemühte sich, der düsteren Atmosphäre zu
entfliehen, welche im Haus allzuoft dominant war.
In diesem Haus hauste niemals das Glück! Es
gab mehr Tränen und Seufzer als schöne Momente und Glücksgefühle.
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Ich war ein junges Mädchen, so um die 13
Jahre, und verbrachte die Sommerferien selbstverständlich bei der Großmutter.
Es war ein heißer Tag, früh nachmittags an einem Sonntag im August, als vor dem
Haus ein großer OPEL mit ausländischem Kennzeichen anhielt. Aus ihm stieg ein
markanter, großgewachsener, grauhaariger Mann, ungefähr in seinen Vierzigern...
Zuerst betrachtete er das Haus, streichelte die lilafarbene Blüte eines wilden
Hibiskus, der über der Mauer gewachsen war. Dann ging er auf das Haus zu, kam
bis zur Eingangstür, kniete vor ihr nieder und küsste die Türschwelle, während
aus seinen feuchten Augen Tränen über seine Wangen glitten. Wir betrachteten
diese Szene gebannt über die Mauer von außen. Er warf uns einen Blick zu und
klopfte zögernd an der Haustür. Als ihm die Großmutter öffnete, grüßte er höflich.
Nachdem ihm die Großmutter den Gruß in deutscher Sprache, besser gesagt im
Dialekt, erwidert hatte, konnte er ein Lächeln nicht unterdrücken, welches zum
ersten Mal auf seinem Mund erschien. Er stellte sich als Ulrich Leibl vor - er
war der jüngste Sohn von Josef Leibl. Ängstlich fragte er, ob er hineinkommen
könne, um sich das Haus und den Hof anzusehen, wo er aufgewachsen war. Die
Großmutter lud ihn freundlich ins Haus ein, worauf er zuerst zum Auto zurückging
und mit ein paar bunten Tüten wieder kam, wie wir sie noch niemals gesehen
hatten. Er gab der Großmutter Kaffee und Pralinen und uns Kindern eine Menge
von Süßigkeiten. Er stand auf, streichelte die Wände, setzte sich im Gang
nieder, neben den Tisch, auf dem frisch gemachter Kaffee und Saft standen.
Er bedankte sich dafür, dass man ihn ins
Haus HEREINGELASSEN hatte, er erzählte, dass er Arzt sei, und dass die
Deutschen erst jetzt begonnen haben, ihn zu akzeptieren, denn er sei als
drittklässiger Bürger aufgewachsen..., dass sich sein Vater nie an Deutschland
gewöhnen konnte und oft sagte, dass er kein Deutscher sei sondern ein
Donauschwabe, dass Papa jedes Jahr häusliche Schweineschlachtungen gemacht hat,
zur Verwunderung des ganzen Dorfes... Und dass er mit knapp 50 Jahren an einem
Herzinfarkt gestorben ist. Es ist gut, dass er auch so lange gelebt hat, sagte
Ulrich, denn er hatte es nie geschafft, den Schmerz wegen dem Schicksal seiner
Familie und seinem Leben zu überwinden. Er hatte einfach nicht die Kraft, um
weiter zu leben.
Dann stand er auf, bat um die Erlaubnis,
dass er einige Fotos macht, damit er sie seinen Kindern zeigen kann, begab sich
danach zum Auto, kehrte aber noch einmal zurück, um das Haus auch von außen zu
fotografieren. Und besonders wollte er die Tafel an der vorderen Fassade unter
dem Dachbodenfenster fotografieren, jene mit der Aufschrift
JOSEF
LEIBL 1938
Dann konnte er die Tränen nicht mehr
zurückhalten und sie liefen ihm beständig über die Wangen. Darauf hin verabschiedete
er sich, stieg ins Auto und fuhr weg. Die Großmutter wollte und wahrscheinlich
konnte sie auch nicht über dieses Ereignis sprechen, dessen Zeugen wir waren.
Sie weinte.
Zu dieser Zeit habe ich das Erlebte nicht
ganz verstanden, aber ich verspürte ein Schamgefühl, welches mir in diesem
Moment unerklärlich war. Als ich älter wurde, wurde mir klar, was dieses
Ereignis aus meiner Kindheit zu bedeuten hatte. Dieses Verständnis brachte aber
keine Erleichterung und Genugtuung. Im Gegenteil - das Schamgefühl verschwand
nicht, es wurde sogar stärker.
Ich gehöre schon lange zum Kreis der Erwachsenen,
nähere mich schon meinen Sechzigern und es verrinnen meine letzten „reifen”
Jahre.
Die Großeltern leben schon lange nicht
mehr, vor vielen Jahren sind sie gestorben, bis zum Ende führten sie ein verlorenes
Leben. Auch mein einziges Kind ist nicht mehr am Leben. Wenn ich sterbe, werden
nur einige Fotos zurückbleiben. Und meine Texte, dass sie anderen meine
Geschichte erzählen, wenn das jemanden interessieren wird. Ich fürchte, das
wird nicht der Fall sein. Mein Onkel und meine Tante reden nicht miteinander,
sie sind zerstritten, Wenn man sie fragen würde, was der Grund dafür sei,
könnten sie keine plausible Antwort geben. In Kontakt sind noch einige von den
Enkel- und Urenkelkindern, aber nicht alle. Und niemand von uns ist wirklich
glücklich.
Jetzt, wenn ich schon dabei bin, meine
Lebensbilanz zu ziehen, bin ich definitiv davon überzeugt, dass jemandes Unglück
niemals der Grundstein eines Zuhauses sein kann, in dem Zufriedenheit und Ruhe
herrschen. Es ist nicht von Bedeutung, dass wir persönlich keine Schuld tragen,
aber wir büßen für fremdes Leid und die Golgatha von anderen Menschen.
Die wahren Schuldtragenden, auf beiden
Seiten, sind entkommen. Ungestraft.
Übersetzung aus dem Serbischen: Robert Kovač
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